Biografiearbeit und
Biografisches Coaching

Wendepunkte

Biografie bewusst gestalten

So verschieden jede Biografie auch ist, die einzelnen Lebensphasen stellen uns immer wieder vor neue Fragen und Aufgaben, die mehr oder weniger für alle Menschen gelten. Wer sie bewusst aufgreift, kann zum wirklichen Gestalter des eigenen Lebensweges werden und Keime der Selbstwerdung zur Entwicklung bringen, die später reiche Früchte tragen können.

 „Das Leben kann nur in der Schau nach rückwärts verstanden, aber nur in der Schau nach vorwärts gelebt werden“

Sören Kierkegaard

Sie befinden sich in einer Krise
oder in einem biografischen Umbruch?

Biografiearbeit bietet Ihnen die Möglichkeit, den eigenen Lebenslauf zu beleuchten. Wie werden Eindrücke und Erlebnisse aus der Kindheit und Jugend im späteren Erwachsenenalter verwandelt? Jedes Leben hat seine ganz individuelle Handschrift, aber auch Gesetzmäßigkeiten, Rhythmen und Wiederholungen, die eine persönliche Entwicklung fördern oder hemmen und im Extrem zu schweren Krisen führen können, die dann einen Weckruf in sich tragen.

Die Biografie des Menschen ist eine sich in der Zeit entfaltende Gestalt, die immer wandelbar bleibt. Das bestätigen die neuesten Ergebnisse der Hirnforschung: Wir können unser ganzes Leben lang Neues lernen und die Einbahnstraßen, die oft in festgefahrenen Verhaltensweisen zum Ausdruck kommen, neu gestalten, indem wir durch Erlernen eines neuen Verhaltens zusätzliche Nervenverbindungen in der Hirnrinde anlegen. Dafür ist es nie zu spät!

Biografiearbeit kann helfen, auf Spurensuche zu gehen und gebundene Kräfte zu befreien. Sie knüpft an den verborgenen Möglichkeiten an und verhilft dazu, eingefahrene Denk- und Betrachtungsweisen zu verlassen.

In der Biografiearbeit wird der Blick einerseits in die Vergangenheit gerichtet, aber nicht um die Schuldfrage den Eltern gegenüber zu stellen, sondern um die ‚biografischen Bewegungen‘ aufzusuchen: Welche Krisen- und Wendepunkte, Entscheidungssituationen und Einschnitte hat es gegeben? Wie sind Entscheidungen getroffen worden? Welchen Sinn haben bestimmte Erlebnisse für den Betroffenen gehabt? Oft wird auf diese Weise ein roter Faden erkennbar.

Wann ist Biographiearbeit hilfreich?

  • Suche nach der eigenen Identität u. Sinnfrage
  • In Lebenskrisen / Beziehungskrisen
  • Partnerschaftsarbeit
  • Krankheitsbewältigung
  • Drohendes ‚burn-out‘
  • Berufliche Neuorientierung
  • Optimierung der Zusammenarbeit

Biographiearbeit kann als Einzel- oder Gruppenarbeit in Anspruch genommen werden.

Die Biographie – das Manuskript für die Bühne des Lebens

Die Biographie, der persönliche Lebenslauf, ist das Kostbarste und ganz einmalige, was jeder Mensch in sich trägt. Unser Lebens- manuskript, dessen Inhalt von uns, unseren Eltern und den vielen anderen Begegnungen und Erfahrungen handelt, das wir im täglichen Leben immer wieder neu auf der Lebensbühne zur Inszenierung bringen, besteht aus verschiedenen Kapiteln. Je nach unserem Lebensalter und den Lebenserfahrungen kommen sie in drei großen Akten zur Aufführung. Das Besondere daran ist, dass wir auf der Lebensbühne mehrfach vertreten sind: der Regisseur, der Dramaturg, der Bühnenbildner, einzelne Schauspieler und zu guter letzt auch der Zuschauer selber. Der erste Akt ist die Zeit unserer Kindheit und Jugend, in der sich unsere Leiblichkeit aufbaut und entwickelt, was in unmittelbarem Zusammenhang mit unserer Umgebung steht. Welche Bedingungen bringe ich mit? Wie ist meine konstitutionelle Beschaffenheit, wie meine Temperamentsanlage? Es ist ein Unterschied, ob ich die ‚Welt‘ mehr als ein melancholisch geprägtes Wesen wahrnehme oder mehr cholerisch oder phlegmatisch geprägt. Welche Menschen wirkten an meiner Erziehung mit? Konnte ich Vorbilder erleben, die ich nachahmte?

Sinneswahrnehmungen, Gewohnheiten, Rhythmus im Lebensalltag und Stimmungen in der Umgebung legen das Wurzelwerk für Gesundheit und Krankheit und das Soziale im späteren Leben. Durch das Beispiel von Eltern und Erziehern bilden sich negative und positive Gesten sich selbst und anderen Menschen gegenüber. Welche Schicksalserfahrungen gehören in die Kindheit, die vielleicht für Schadstellen an den Wurzeln gesorgt haben? Als Kind in der Kriegszeit aufgewachsen zu sein, in der Fliegeralarm die Umgebung in Angst und Schrecken versetzt hat oder Flucht zu einer Trennung von den Eltern geführt hat, bedeutet oft im späteren Alter, mit den Folgen sich auseinandersetzen zu müssen. Eine Scheidung der Eltern ist ein existentieller Verlust, der bis in die Leiblichkeit hinein zum Ausdruck kommen kann. Bauchweh, Schlafstörungen oder sich besonders für einen Elternteil anstrengen, sind Phänomene, die eine Biographie tief zeichnen können. Wie viel Freiheit oder Grenzen, aber auch Fürsorge und Anteilnahme habe ich in der Zeit des Heranwachsens erfahren? Wie wurde mit meiner Intimsphäre umgegangen?

In der Pubertät beginnt die Biographie eine mehr und mehr persönliche Handschrift zu bekommen, der Jugendliche will und muss sich von den Eltern und Erziehern lösen, um nun seine sich öffnende Seele am Du, an der Welt zu erfahren. Das Tor hin zum anderen Geschlecht wird durchschritten. Der zweite Akt beginnt mit dem Erwachsensein und endet um das 40.Lebensjahr. Der Regisseur setzt das Lebensmanuskript tastend in Szene, auf der Bühne des Lebens wird es lebendiger. Wir begeben uns mit unserer Seele weit hinaus, vergleichbar mit dem Stängel und den Blättern einer Pflanze, um dort Erfahrungen sammeln zu können, die sich in einer Knospe ballen, um später blühen, reifen und Früchte tragen zu können. Zwischen Zwanzig und Vierzig lernen wir unser Innenleben individuell umzubilden und zu beherrschen. Verschiedenste Darstellungen werden als Schauspieler selbst übernommen, um dann in zunehmender Freiheit alte abzulegen und Ideale beruflich und gesellschaftlich zu verwirklichen. Viele Beziehungen münden nun in Familien. Zunehmend findet die Entwicklung des persönlichen Bewusstseins zum Zwecke eines inneren Ordnungschaffens statt. Diese Zeit, meist um die Lebensmitte, ist oft gepaart mit Lebensfragen, die einen unmittelbaren Bezug zum ersten Akt haben können. Gerade im Beziehungsleben spiegeln sich unsere Erfahrungen mit den eigenen Eltern wider und wollen von uns neu gestaltet werden. Aber auch Begegnungen anderer Art können uns so herausfordern, dass sie eine seelische Krise zur Folge haben. Diese beinhalten immer einen Aufforderungscharakter, an sich etwas wahrzunehmen und zu ändern. So wird das Leben selber unser Erzieher – der Edelstein wird geschliffen, um im dritten Akt in seiner Klarheit und individuellen Schönheit zum Vorschein zu kommen.

Dieser Prozess ist oft schmerzhaft und leicht stößt man mit seiner eigenen Biographie an Grenzen, die alleine nicht aufgehoben werden können. Hier setzt dann die Biographiearbeit als seelisch-geistige Geburtshilfe an und hilft dem Menschen seine ganz persönliche Blüte herauszubringen. Je älter wir werden desto mehr nähern wir uns der geistigen Seite unserer Biographie, dem Bedürfnis in unserem Denken, Fühlen und Handeln immer authentischer mit uns selbst und mit unserem geistigen Urbild zu werden. Im Lebensmanuskript müssen nun Anfang, Mitte und Ende zusammengebracht werden, damit es zu einem Abschluss kommen kann. Nicht selten muss der Protagonist in dieser Lebensphase noch einmal verstärkt an sich arbeiten. Er wird zum Zuschauer seines eigenen Stückes. Alle Unebenheiten in der Persönlichkeit sind beim Schleifen des Edelsteins hervorgetreten und wollen nun erkannt und geglättet werden. Oft gelingt es an dieser Stelle den Zusammenhang der verschiedenen Akte zu erhellen, so dass ein Verständnis und eine Dankbarkeit gegenüber der eigenen Biographie und dem oft weisheitsvollen Wirken darin entsteht und der letzte Schliff getan werden kann.

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